Am vergangenen Mittwoch Abend begab sich der Club der Fotodetektivinnen auf eine packende Bilderreise in ferne, vom Menschen noch unberührte Winkel unseres Planeten. Sebastiao Salgado fotografierte einst Leid und Häßlichkeit des Krieges. Sein aktuelles Projekt Genesis, an dem er acht Jahre lang arbeitete, zeigt die Schönheit der letzten unberührten Naturräume der Welt, sowie die einzigartigen Menschen und Tiere, die dort leben. Farben läßt er dabei weg. Der Meister der Schwarzweißfotografie erzählt seine Bildergeschichte ganz reduziert, aber nicht weniger beeindruckend, mit eindringlichen Kompositionen aus Licht und Schatten.
Seit Wim Wenders Dokumentarfilm „Das Salz der Erde“ ist der brasilianische Fotograf Sebastiao Salgado vielen ein Begriff. Seine Ausstellung „Genesis“ gastierte bis August in Berlin, nun können seine 250 großformatigen Schwarzweiß-Fotos bei freiem Eintritt im Kunstfoyer der Versicherungskammer in München besichtigt werden. Ein eindeutiger Fall für die Fotodetektivinnen.
Die Drehtür am Eingang schleudert uns direkt hinein ins Geschehen. Sofort befinden wir uns inmitten gewaltiger Eislandschaften und Tausenden von Pinguinen und von links starren uns wütende Seelöwenaugen an. Die opulenten Schwarz-Weiß-Fotografien ziehen einen sofort in ihren Bann. Aber es wird auch sofort klar, dass hier nicht an Material gespart wurde. 250 Bilder sind eine Menge Holz für die Räumlichkeiten des Kunstfoyers. Es bestätigt wieder die These „weniger ist mehr“. Ein bißchen mehr Luft hätte der Wirkung des einzelnen Bildes gutgetan.
„Höchschte Konzentration“ ist daher beim Besuch angesagt…
Inhaltlich ist die Ausstellung in 5 Bereiche eingeteilt: Planet South zeigt Fotos, die auf den Galapagosinseln und in der Antarktis aufgenommen wurden. Bei Sanctuaries bereiste Salgado isolierte Zonen und Völker der Erde, wie Madagaskar und West-Papua. In Africa befindet man sich inmitten arider Wüstenlandschaften, dem Überfluss des Okavangodeltas und seltsam aussehenden Frauen, die Teller im Gesicht tragen. In den Northern Spaces faszinieren Natur und Leben am Polarkreis. In Amazonia und Pantanal bringt uns der Fotograf die wilden Tiere und Völker seiner Heimat näher.
Salgados Fotografien haben eine enorme Anziehungskraft. Einige Bilder sind direkt, nah und unmittelbar, durch die Weitwinkelperspektive und beeindruckende Schärfe wirken sie auf mich brutal lebendig. Faszinierend und befremdlich zugleich sind seine Portraits indigener Urvölker und ihrer Riten und Traditionen. Salgado zeigt die Frauen der Mursi in Äthiopien mit ihren riesigen Lippentellern und Skarifizierungen oder die Stammesangehörigen der Zo’é am Amazonas mit ihren Lippenpflöcken. Beim Anblick dieser Schönheitsideale läuft es mir kalt den Rücken runter. Dagegen sind Piercings in unseren Breitengraden der reinste Kinderkram. Dennoch wollen seine Fotografien nicht spektakulär sein. Sie strahlen immer anmutige Schönheit aus.
Aber Salgado kann auch leise, zart und sehr poetisch sein. Mir haben es vor allem seine Bilder mit den mystischen Lichtstimmungen angetan.
Jedes seiner Fotos ist eine kunstvolle Komposition aus Licht und Schatten, Strukturen, Linien und Formen, die beim Betrachter einen bleibenden Eindruck hinterlassen. So gelingt es Salgado, den Blick und das Bewußtsein der Besucher zu schärfen für die Kostbarkeit der letzten unberührten Winkel der Erde und die bewahrenswerte Diversität der Menschheit.
Wer kann, sollte diese Ausstellung mehrmals besuchen, um die Flut der eindrucksstarken Bilder aufnehmen zu können. Noch bis 24.01.2016 ist die Ausstellung täglich von 9-19 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
„Ich würde sagen… sie sehen sich das mal an!“ – Unbedingt empfehlenswert!